Am 03.12. war der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung. Was wir im CSD Bremen tun und wie du mitmachen kannst.

Letzten Montag, am 03.12., war der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung, ausgerufen von den Vereinten Nationen (UNO). Mit ein bisschen Verspätung möchte ich heute auch noch ein paar Worte zum Thema Behinderungen beim CSD Bremen mitgeben und dazu Aufrufen, bei unseren Bemühungen rund um Barrierefreiheit mitzumachen.

Das Thema Behinderungen ist natürlich unangenehm, wenn man es nicht gewohnt ist. Uns allen wäre es am liebsten, wenn wir einfach alle “gesund” wären und uns mit so einem Thema gar nicht beschäftigen müssten. Doch so ist das Leben nun mal nicht. Krankheiten und Behinderungen können jede*n jederzeit treffen.

“Gesund” ist relativ

Zudem ist “Gesund” in der Alltagssprache ein relativer Begriff. Ich kenne kranke Menschen, die schon jahrelang Multiple Sklerose haben, aber sich rundum gesund fühlen. Erst, wenn sie sich eine Erkältung einfangen, sprechen sie davon “im Moment krank zu sein”.

Die medizinische Definition von Krank und Gesund war sowieso schon oft genug problematisch: So war auch Homosexualität lange Zeit als Krankheit definiert. Krankheiten können therapiert werden und es gibt auch heute noch die sogenannte Homoheilung, die vielen Menschen schadet. Das ist nichts, was nur in anderen Ländern passiert: Auch in Deutschland arbeitet der Bund Katholischer Ärzte an der “Behandlung” von Homosexuellen. Verboten ist das immer noch nicht, immerhin startet die Bremische Bürgerschaft eine Bundesratsinitiative.

Als CSD Bremen freuen wir uns natürlich über die Initiative unseres Bundeslands. Gleichzeitig passiert aber bei unseren Forderungen noch viel zu wenig.

Beim Thema Trans* ist die Frage nach Gesund und Krank ebenso umstritten. 2022 wird zwar der ICD, die internationale Klassifikation von Krankheiten und Gesundheitsproblemen, überarbeitet und Trans* neu eingeordnet, optimal ist das aber immer noch nicht.

Mit den beiden Beispielen möchte ich auf eine Sache hinaus: Die medizinischen und gesellschaftlichen Definitionen von “Gesund” und “Krank” waren schon häufig problematisch und entwickeln sich laufend weiter. Gerade für uns queere Menschen ist das hoch relevant, weil wir lange von der Gesellschaft für krank erklärt wurden und teilweise immer noch werden. Ganz zu schweigen von Themen wie HIV.

Behinderung ist relativ

Wenn schon der Begriff der Krankheit bei näherer Betrachtung gar nicht so klar definierbar ist, ist das mit der Behinderung auch nicht so einfach.

Für die praktische Arbeit ist die Definition der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) hilfreich, sie spricht von Menschen, die “langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit verschiedenen (einstellungs- und umweltbedingten) Barrieren am vollen und gleichberechtigten Gebrauch ihrer fundamentalen Rechte hindern”.

Wichtig ist der Faktor Umwelt: Viele Behinderungen entstehen erst durch die Umwelt. So könnten z. B. Rollstuhlfahrende ja eigentlich problemlos am gesellschaftlichen Leben teilnehmen, wenn nicht überall Stufen wären. Die Behinderung bzw. der Ausschluss vom Leben entsteht erst durch die Barrieren in Form von Stufen.

Nicht laufen zu können macht nicht automatisch unglücklich, wohl aber die nicht vorhandene Barrierefreiheit – Treppen, nicht funktionierende Aufzüge, keine Gebärdensprachdolmetschung, fehlende Leitsysteme für Blinde und so weiter – und dadurch vom gesellschaftlichen und beruflichen Leben ausgeschlossen zu werden.

Raúl Aguayo-Krauthausen

Barrieren beim CSD Bremen 2018

Deshalb war es uns im Verein so wichtig, den CSD Bremen 2018 möglichst barrierefrei zu gestalten. So sind wir vorher die Demo-Route mit dem Verein Selbstbestimmt Leben e. V. abgelaufen um zu schauen, wie die Strecke für Rollstuhlfahrende und Blinde ist. Auf der Barrierenkarte haben wir Hindernisse dargestellt und Workarounds angeboten. Wir haben uns um behindertengerechte Toiletten gekümmert und dank der Unterstützung der BSAG war ein klimatisierter Niederflurbus Teil der Demo, um mehr Menschen mit Behinderung die Teilnahme zu ermöglichen.

Trotzdem hatten wir noch genügend Barrieren am CSD-Tag. So war die Abschlussveranstaltung nur über Treppen zugänglich. Auch die Bühne war nur über ein paar Treppenstufen erreichbar. Das geht natürlich gar nicht, wenn wir auch gehbehinderten Menschen ermöglichen wollen, sich an der Kundgebung zu beteiligen.

Satzungsänderung des CSD Bremen

Auf der Mitgliederversammlung vor wenigen Wochen haben wir auch unsere Satzung geändert. Menschen mit Behinderungen sind jetzt explizit eine der gesellschaftlichen Gruppen, für die sich der Verein besonders einsetzt. So ist die Barrierefreiheit nicht nur ein Ziel einzelner Menschen im Team, sondern der gesamte Verein steht dahinter. Besonders freut mich, dass es keine Gegenstimmen zur Satzungsänderung gab.

Team Behinderte

Die Arbeit rund um Behinderungen und Barrierefreiheit hat dank Thorsten Höller mittlerweile zu einem eigenen Team im Verein geführt: Dem Team Behinderte. Wir nennen uns absichtlich so, weil allein schon der Begriff manchen Menschen Barrieren im Kopf macht 😉

Wir wollen den CSD Bremen 2019 noch barrierefreier als im Vorjahr machen. Für den Februar planen wir einen Abend mit der Community, um Forderungen für 2019 zu sammeln.

Neben dem CSD-Tag muss auch unser Verein barrierefreier werden. So sind wir zwar dem Rat&Tat-Zentrum super dankbar, dass wir dort so viele Vereinstreffen abhalten können. Leider ist das Zentrum aber nur über Stufen erreichbar und Toiletten sind im Keller und im Dachgeschoss. Das Team Behinderte trifft sich aber in barrierefreien Räumen mit behindertengerechter Toilette.

Wir haben auch eine Facebook-Gruppe, in der wir uns dazu austauschen. Die Gruppe ist für alle offen.

Wenn du auch Interesse hast, an diesen Themen im Verein mitzuarbeiten, laden wir dich herzlich ein. Melde dich einfach unter info@csd-bremen.org.